Swissbau 2022: Gütesiegel für Klimaschutz und Nachhaltigkeit: Die Gebäudelabels im Vergleich

Noch immer werden in der Schweiz fast eine Million Gebäude mit fossilen Brennstoffen beheizt, was Millionen Tonnen von schädlichen Treibhausgasen emittiert. Die Keynote-Session «Gütesiegel für Klimaschutz und Nachhaltigkeit: Die Gebäudelabels im Vergleich» zeigte durch Referate von erfahrenen Architekten, wie mithilfe von Labels innovative und zukunftsweisende Projekte umgesetzt werden. Diese können als Wegweiser für den Klimaschutz und eine nachhaltige Zukunft dienen.

Hilfe durch den Labelfinder
Herrscht in der Schweiz ein Labelsalat? Das möge für Aussenstehende vielleicht so wirken, meinte Andreas Meyer Primavesi, aber in der Branche sollte die Bedeutung der einzelnen Labels bekannt sein. Der Geschäftsleiter von Minergie und GEAK erklärte in seinem Referat, dass die Beteiligten schon länger das Ziel verfolgt hatten, die verschiedenen Schweizer Gebäudelabels inhaltlich besser aufeinander abzustimmen. «Wir wollen die Nachfrage nach den Labels weiter erhöhen, sie harmonisieren und klar positionieren», sagte Meyer Primavesi.

Anschliessend stellte er ein neues Hilfsmittel vor: den Labelfinder. Damit können Bauherrschaften und Fachleute künftig schneller herausfinden, welches Label am besten zu ihrem Projekt passt. Der Labelfinder kann rasch ausgefüllt werden, indem einige Kriterien eingegeben werden. Er hilft gemäss Meyer Primavesi zudem, Präferenzen zu finden und Themenschwerpunkte zu setzen. Zum Schluss rief der Referent dazu auf, noch vermehrt auf Labels zu setzen: «Sie bieten Orientierung sowie Investions- und Planungssicherheit, gleichzeitig aber auch Spielraum bei der Umsetzung. Mit einem Label weiss man genau, was man baut.»

Ambitioniertes Spitalprojekt
Als zweiter Redner betrat Christian Lasser von GWJ Architektur aus Bern die Bühne. Er stellte das «Anna-Seiler-Haus» vor, das künftige Hauptgebäude des Inselspitals. Das komplexe Projekt mit grosser städtebaulicher Bedeutung basiert auf einem Gestaltungsplan, der gewisse Vorgaben bezüglich Nachhaltigkeit umfasste. So war zum Beispiel vorgeschrieben, welche Labels das neue Spitalgebäude erfüllen muss – unter anderem Minergie-Eco.

Um dieses Label zu erhalten, mussten die Projektbeteiligten zuerst mit Minergie eine passende Gebäudekategorie entwickeln und die Ziele definieren. «Um diese zu erreichen, war von Beginn an eine intelligente Strategie nötig», erklärte Lasser. Herausfordernd war zum Beispiel das Haustechnik-Konzept, denn in einem Spital stehen unzählige Maschinen im Einsatz, die viel Energie benötigen. Als Lösung werden nun verschiedene Zentralen realisiert, die im Gebäude verteilt sind, denn durch die kurzen Wege reduzieren sich die Energieverluste. Mit weiteren Massnahmen und einer engen Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten sollten die Ziele erreicht werden können. Lasser: «Die Eröffnung des Anna-Seiler-Hauses ist für Sommer 2023 geplant. Es wird das erste Minergie-Eco-Spitalgebäude der Schweiz sein.»

Nachhaltiger Campus in Ittigen
Ein gelungenes Beispiel für ein nach SNBS Hochbau realisiertes Gebäude präsentierte Johannes Maier von Berrel Kräutler Architekten. Der vor zwei Jahren fertiggestellte UVEK-Campus in Ittigen bei Bern erhielt mit einer Note von 5,4 das Zertifikat der Ausprägung «Gold». Dies erreichte das Projekt durch verschiedene Massnahmen in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Aus städtebaulicher Sicht relevant sind gemäss Maier die Renaturierung eines nahegelegenen Bachlaufs, der Ausbau von Wegen im angrenzenden Wald sowie die Weiterentwicklung von Plätzen und Wegen. Überzeugend ist auch das Mobilitätskonzept: Dank einer sehr guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr mussten nur wenige Autoabstellplätze eingeplant werden.

Das Gebäude selbst besteht aus einem zentralen Betonkern mit der Erschliessung und darum herum aus einem Holzbau, der die Büroflächen beinhaltet. Dieser Teil des Neubaus wurde so gestaltet, dass die Raumgrössen flexibel an sich ändernde Bedürfnisse angepasst werden können. Im zentralen Atrium sind die halböffentlichen Räume wie Sitzungszimmer sowie eine Cafeteria angeordnet. Nachhaltig ist auch die Energieversorgung des Gebäudes: Geheizt wird mit Abwärme aus einem nahegelegenen Rechenzentrum, gekühlt mit Quellwasser. Photovoltaik und Solarthermie auf dem Dach ergänzen das Angebot an erneuerbarer Energie. «Wichtig war, dass wir die Anforderungen des SNBS Hochbau von Anfang an mitgedacht haben», bilanzierte Johannes Maier.

Interview mit BFE-Vize
Zum Abschluss der Veranstaltung führte Moderator Reto Lipp ein kurzes Interview mit Daniel Büchel, dem Vizedirektor des Bundesamts für Energie (BFE) und Programmleiter von EnergieSchweiz. Zur Wichtigkeit der Gebäudelabel sagte Büchel, dass diese gerade für Auftraggeber und Investoren sehr wertvoll seien. Wenn der Bundesrat zum Beispiel Vorgaben mache zur Nachhaltigkeit von Bundesbauten, so wisse er nach einer Label-Zertifizierung, dass seine Anforderungen erfüllt wurden. Das BFE unterstütze daher die Labelfamilie Schweiz – auch finanziell.

Als derzeit zentrale Themen beim BFE bezeichnete Büchel die Nachhaltigkeit und die Versorgungssicherheit. Um den Umstieg auf erneuerbare Energien schneller zu schaffen, seien mehr Fachkräfte nötig – etwa für die Installation von Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen. «Mehr Geld hilft nur bedingt, denn die Strukturen müssen ebenfalls ausgebaut werden», erläuterte der BFE-Vizedirektor. Bereits seit zwei Jahren laufe ein Programm, um den Fachkräftemangel zu beheben. «Es wird aber noch etwas dauern, bis wir die Früchte dieser Arbeit ernten können.»

Präsentationen

Präsentation Andreas Meyer Primavesi, Geschäftsleiter Minergie / GEAK

Präsentation Christian Lasser, Partner GWJ Architektur

Präsentation Johannes Maier, Projektleiter und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung von Berrel Kräutler Architekten

Eckdaten

Datum

03.05.2022

Träger

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